Konsum: Was ich übers Kaufen gelernt habe

von Ramona
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Konsum Warum wir kaufen was wir nicht brauchen von Carl Tillessen

Wir kaufen immer mehr!

Fakt ist: Wir kaufen unglaublich viel.
Unser Kaufverhalten, unser gesamter Konsum hat sich in den letzten Jahrzehnten total verändert.

Alles ist schneller und austauschbarer geworden.
Wir kaufen in viel größeren Mengen ein.
Sei es nun Kleidung, oder Elektronik, oder Essen.
Wir kaufen wie im Rausch. Dinge werden gekauft und nie benutzt. Gegenstände werden nach sehr kurzer Benutzungszeit schon wieder durch ein neueres Modell ersetzt. Lebensmittel landen im Müll.

Ich war wie im Kaufrausch...

Es ist eigentlich der Wahnsinn, wie sehr sich Konsum verändert hat.

Aber ich fange mal bei mir selbst an:

In meiner Kindheit waren Konsum und Einkaufen immer ein Thema, denn wir hatten nicht viel Geld. In der Schule bin ich angeeckt, weil ich keine Markenklamotten trug. Ein Mal bin ich als Jugendliche zum Shoppen mit anderen Mädchen mitgegangen. Ein Mal und nie wieder. Denn das Geld für die Kleidung, die da gerade angesagt war, das hatte ich nicht. Ehrlich gesagt war das auch nicht ganz mein Stil, aber in einem gewissen Alter entschied die Kleidung doch maßgeblich, ob man dazugehörte, oder eben nicht.

Als ich dann mein erstes eigenes Geld verdiente, da war ich wie im Rausch. Es war ein wirklich berauschendes Gefühl, sich plötzlich bestimmte Dinge einfach so kaufen zu können. In einem viel größeren Maß, als das früher durchs Taschengeld möglich war… Ich habe mir eine zeitlang wirklich sehr, sehr viel Kleidung gekauft. Viel Fast Fashion und auch Kosmetik. Es war, als würde ich etwas nachholen müssen.

Mein Konsum hat sich verändert

Aber auch diese Phase war irgendwann wieder vorbei. Ich habe tatsächlich in vielen dieser Kaufrausch-Anfälle Dinge gekauft, die ich dann nie benutzt, oder angezogen habe. Dinge, die ich irgendwann mit Originalschildchen in eine Kleiderspende gegeben habe. Denn im Laden, oder an einer Schaufensterpuppe sah es toll aus, in der Realität und an mir dann irgendwie nicht mehr.

Ich bin ehrlich, obwohl ich mich dafür auch etwas schäme. Aber ich habe aus dieser Phase sehr viel gelernt. Ein, oder zwei Jahre später begann ich dann, mich mit dem Thema Minimalismus zu beschäftigen. Ich habe begonnen, auszusortieren, auszumisten. Mich von überflüssigen Dingen zu befreien.

Denn tatsächlich haben mich der überfüllte Kleiderschrank und auch mein übervolles Bücherregal nicht glücklich gemacht. Ich fühlte mich erdrückt, bedrängt, überfüllt. Es war, als wären all die materiellen Lasten um mich rum zu einem Teil von mir geworden. Zu einem Teil, der mich erdrückt. Ihr denkt jetzt vielleicht, ich wäre voll die Sammlerin gewesen, die eine bis unters Dach vollgestopfte Wohnung hatte. Nein, ich wohnte zu dem Zeitpunkt noch zu Hause und habe schon viel Zeit bei meinem Freund verbracht. Und für die Ausbildung habe ich auch mehrere Wochen im Jahr in der Schule viele Kilometer weit weg verbracht. Das bedeutete, ich musste mich plötzlich auch stark umstellen. Meinen Besitz in einen Rucksack, oder Koffer stopfen und da irgendwie das wichtigste mit mir herumtragen. 

Dadurch habe ich tatsächlich wohl auch am radikalsten gelernt, dass ich mit sehr wenig Zeug zurechtkomme. Dass es nicht superviel braucht, damit ich zufrieden bin.

Immer, wenn ich dann nämlich nach Hause in mein Zimmer zurückkam, da standen mir die ungenutzten Kleidungsstücke und anderen Dinge noch präsenter vor Augen.

Ja, ich habe so viel weggeben. Ausgemistet. Und es hat sich so befreiend angefühlt.

Dadurch habe ich für später wahnsinnig viel gelernt.

Vom Konsumrausch zu bewusstem Kaufen

Heute ist mein Kaufverhalten sehr viel bewusster. Ich lebe nicht minimalistisch mit nur 50 Gegenständen und in einer ansonsten leeren Wohnung. Ich denke auch nicht, dass man das anstreben muss.

Aber wir alle sollten uns über unser Kaufverhalten Gedanken machen.

Meine Taktik bei einer Neuanschaffung ist immer, dass ich es mir auf eine Wunschliste schreibe. Da bleibt das dann eine Weile und irgendwann, wenn ich diese Liste wieder durchschaue, dann merke ich sehr schnell, ob ich etwas noch brauche.

Und dann, direkt vor einem Kauf, dann schlafe ich eine Nacht drüber.

Wie oft habe ich mich schon selbst ertappt, dass durch geschickte Werbung ein starker „Haben-wollen“-Effekt für irgendwas bei mir entstand. Aber mit ein wenig Abstand war der Wunsch dann doch gar nicht mehr so stark.

Ich bin mittlerweile so sicher im Umgang mit „Kram“, dass ich den gar nicht erst in die Wohnung lasse. Ich möchte nicht überall Krims herumzustehen haben. Das passt einfach gar nicht mehr zu mir. Deshalb werden solche Dinge gar nicht erst wieder gekauft. Und bei dem, was ich in der Wohnung habe, zieht auch regelmäßig etwas aus. Weil doch oft Dinge noch aus irgendeinem Schrank hervorkommen, an die man schon ewig nicht mehr gedacht hat. Und die man mittlerweile wirklich nicht mehr braucht.

Und bei Kleidung habe ich mittlerweile so meine Sachen, die ich immer wieder anziehe. Ich kaufe mir selten neue Stücke. Meistens erst dann, wenn etwas kaputt ist. Nein, nicht alles ist fair und nachhaltig. Das kann ich mir nicht leisten. Auch heute ist es noch größtenteils Fast Fashion. Um noch mal Bezug auf meinen Kaufrausch von weiter oben zu nehmen. Aber heute trage ich alles, was ich mir kaufe. Und ich trage es lange. Anfang des Jahres haben sich beispielsweise leider gleich zwei paar Schuhe verabschiedet, die ich beide schon seit etwa sechs, oder sieben Jahren geliebt und häufig getragen habe. Aber ich finde, so ist das ok. Wenn ich nämlich zu viel im Schrank habe, dann überfordert mich das einfach auch schnell.

Vielleicht kennt ihr das ja auch: Man zieht sowieso häufig die Sachen an, die man eh immer trägt. Und man braucht auch nicht drei alte Hosen, wenn man mal streicht. Das macht man soooo selten, da reicht auch eine dieser Hosen.

Konsum: Warum wir kaufen, was wir nicht brauchen

Warum ich euch all das eigentlich erzähle?

Weil ich kürzlich ein sehr interessantes Buch zum Thema Konsum und Einkaufen gelesen habe. Ein Buch, was zum Beispiel ein wenig die Geschichte des Konsums erklärt und wie er sich über die Jahrzehnte verändert hat. Wie sich die Wertstellung von Dingen verändert. Die Lebenszeit von Kleidung.

Denn natürlich kann ich euch viele Dinge so rein aus meinem Gefühl heraus erzählen, aber mein Gefühl kann ich ja nicht durch eine Statistik belegen. Jedenfalls kann ich die nicht aus dem Ärmel schütteln.

Carl Tillessen hat Konsum. Warum wir kaufen, was wir nicht brauchen geschrieben und er verdeutlicht sehr anschaulich und spannend, welche Rolle der Konsum in unserem Leben mittlerweile hat. Und auch, welche Rolle die sozialen Netzwerke auf unser Kaufverhalten haben.

Wie gesagt, ein sehr spannender Blick auf unsere Zeit und unsere Einkäufe und ich kann euch das Buch nur empfehlen, wenn ihr euer eigenes Konsumverhalten mal genauer unter die Lupe nehmen möchtet. Weniger mit dem Ansatz „Wie funktioniert eigentlich Minimalismus?“, sondern eher aus dem Blickwinkel „Warum kaufe ich eigentlich so ein, wie ich einkaufe?“.

Carl Tillessen, Konsum. Warum wir kaufen, was wir nicht brauchen | Kaufen: amazon.de* (Werbung), Verlag | Klappenbroschur | ISBN: 9783959673952 | Erscheinungstermin: September 2020 | Verlag: HarperCollins

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1 Kommentar

oceanloveR 21. April 2021 - 20:33

Ahoi liebe Ramona,

was für ein wunderbarer Beitrag! Kann dir nur zustimmen – auch ich lebe nicht minimalistishc mit 50 Dingen; will und kann das nicht. Und nur fair und bio zu kaufen – weder bei Kleidung noch bei Lebensmitteln kann ich mir das leisten. Ich bemühe mich. Weniger. So plastikarm, wie geht. So oft bio oder regional wie möglich. Weil ja, dieses Gefühl vom eigenen Besitz erschlagen zu werden (ich musste so schmunzeln über das mit den Malerhosen!! #IFeelYou) – unangenehm. Ich war ein halbes Jahr auf See; minimale Kleidungsauswahl und persönliche Dinge – und es hat mir quasi nichts gefehlt! Es ist schön, wieder den großen Kleiderschrank zu haben – aber es geht ohne und zwar gut; nicht notgedrungen.

Deinen Beitrag packe ich mal in meine Schatztruhe 😉

Liebe Grüße von der Küste
Ronja von oceanloveR

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