Ich schreibe mich gesund: Kann das helfen?

von Ramona
2 Kommentare

Die Ärztin und Schreibtherapeutin Prof. Dr. med. Silke Heimes hat ein Buch geschrieben: Ich schreibe mich gesund.
Mit dem darin enthaltenen 12-Wochen-Programm soll man sich zu Gesundheit und Ausgeglichenheit schreiben können.

Es geht darum, dass wir uns mit den Symptomen und Beschwerden unseres Körpers auseinandersetzen sollen, um ihn besser zu verstehen. Vor allem natürlich auch, was wir daraus für Schlüsse ziehen und verändern könnten.

Ich schreibe mich gesund von Prof Dr med Silke Heimes-Kann mir das schreiben helfen

Da ich selbst in den letzten Monaten mit einem eher schlechten, emotionalen Wohlbefinden zu kämpfen hatte, war ich auf diese Art Schreib- und Gesundheitstagebuch sehr neugierig. Wie könnte mir die Autorin vielleicht helfen, mich selbst besser zu verstehen?
Zur Einordnung: Ich schreibe über dieses Buch und habe Depressionen. Mit der Bearbeitung habe ich in einer depressiven Episode begonnen. Vielleicht hilft euch das zum Verständnis. Natürlich kann man das Buch auch bearbeiten, wenn man nicht an einer psychischen Krankheit leidet.

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Das Buch besteht aus einem theoretischen und dem Tagebuch-Teil.
Zu Beginn liest man sich in die Thematik ein. Was das Schreiben für Körper und Seele bedeutet, warum es als Therapieform eingesetzt wird. Wie man dadurch Stress abbaut. Das ist schon interessant.
Allerdings konnte ich mir die Theorie nicht hintereinander weg durchlesen. Ich war psychisch teilweise gar nicht in der Lage, all diese Informationen zu verarbeiten. Also habe ich meistens einen kleinen Theorieteil gelesen und dann wieder einige Fragen bearbeitet.
So war es für mich nicht „zu viel“.

Im Gesundheitstagebuch trat ich zuerst in einen Dialog mit meinen Beschwerden.
Die meisten psychischen Probleme sorgen auch für jede Menge Schmerzen. Bei mir sind das zum Beispiel vor allem starke Kopfschmerzen und auch Migräneanfälle.
Der Dialog sah so aus, dass ich meinen Kopfschmerzen beispielsweise einen Brief schreiben sollte. Einer Zensur soll man sich hierbei ausdrücklich nicht unterwerfen.

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In der zweiten Etappe des Tagebuchs geht es um die Bedürfnisse und Grenzen.
Da geht es beispielsweise um körperliche und psychische Grenzen. Oder auch, was im Alltag zu kurz kommt. Oder was der Körper im Alltag braucht, um gesund zu bleiben?
Bei mir ist das zum Beispiel Sport. Das habe ich jetzt echt lange vernachlässigt. Auch mein Therapeut hat da ständig gepikst… Im März habe ich angefangen, regelmäßig Videos auf YouTube zu „bearbeiten“. So kann ich mich ein wenig verausgaben und das fühlt sich gut an. Und tatsächlich halte ich das bis heute durch. Früher hab ich das spätestens nach ein paar Tagen immer wieder abgebrochen…

Unter der letzten Überschrift in Ich schreibe mich gesund geht es grob darum, schreibend in Balance zu kommen.
Eine Balance ist in so ziemlich jeder Lebenslage wichtig. Ein zu viel, oder zu wenig, macht uns meistens krank. Als Beispiel könnt ihr da an Schokolade, Alkohol, oder Stress denken.
Welche Fragen kann es geben, um auch in unserer Gefühlswelt eine Balance zu erreichen?
Was macht uns besonders wütend? Oder was können auch andere Menschen dazu beitragen, um Stress zu reduzieren? Bei mir ist das zum Beispiel einfaches Zuhören. Meistens bin ich der Mensch, der sich die Zeit für die Sorgen anderer Menschen nimmt. Ich rede selbst nicht gerne über mich, aber es tut mir gut. Das merke ich ja auch an meiner Therapie. Da geht es ja quasi nur um mich. Auch, wenn das wahnsinnig egoistisch klingt, aber es tut mir gut. Ein Gegenüber, was komplett auf mich fokussiert ist und mich nicht be- oder verurteilt.

So gingen die (bei mir mehr als) 12 Wochen mit Silke Heimes vorüber und ich habe viel über mich, meine Grenzen, meine Schmerzen gelernt.

Insgesamt kann ich sagen, dass mich das Schreiben nicht heilen kann und auch nicht wird.
Es kann mir einfach kein durchgehend „gesundes“ Leben ermöglichen, da die Depression nun mal eine Krankheit ist, die mich für immer begleiten wird. Diesen Anspruch hat das Buch aber auch nicht. Das wird extra noch mal erwähnt. Ich kann nur versuchen, sie besser zu verstehen und aufmerksamer mit ihr umzugehen.
Dazu gehört eben auch, dass ich auf meinen Körper und meine Seele höre. Dass ich feinere Antennen bekomme, wann meine Gefühle nicht mehr in der Balance sind.
Und dabei kann das Schreiben auf jeden Fall eine sehr unterstützende Maßnahme darstellen.
Erstens habe ich persönlich gemerkt, dass mich das Schreiben erleichtert. Ich habe so die Möglichkeit, die Gedanken und besonders auch die unendlichen kreisenden Gedanken quasi „aus meinem Kopf zu schreiben“. So ist mein Kopf wieder ein wenig leerer.
Manchmal nimmt das Aufschreiben auch den Schrecken. Der Kopf ist ja wahnsinnig stark darin, die unmöglichsten Szenarien zu konstruieren. Auf dem Papier ist es meistens dann doch nicht mehr so schrecklich.
Beim Schreiben muss ich mich auf mich konzentrieren. Mich mit Fragen in Bezug auf mein Inneres auseinandersetzen. Das hilft mir, zu reflektieren, aber man muss sich natürlich darauf einlassen.
Und auch nicht jeder Tag ist gleich, sodass es immer funktioniert.
Bei mir war es oft so, dass ich das Buch nicht täglich zur Hand nehmen konnte. Ich hatte einfach nicht die Kraft dazu. Aber auch das ist ok. Die Einträge kontrolliert ja niemand.

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Zu Beginn fällt es eventuell auch nicht leicht, sich auf die Fragen einzulassen. Als ich meinen Schmerzen einen Brief schreiben sollte, da schob sich beinahe automatisch ein Filter vor, der das alles hier als lächerlich abtun wollte. Aber wie gesagt, mal über den eigenen Schatten springen und dann geht auch das. Ist zwar dann vielleicht nicht sachlich und jugendfrei (ich räuspere mich mal unauffällig), aber das soll es ja auch nicht sein.

Als ich mit der Bearbeitung von Ich schreibe mich gesund begonnen habe, da war ich psychisch auf keinem guten Stand. In den letzten Wochen hat sich meine Lage durch verschiedene Dinge weiter verbessert. Jetzt manche Zeilen zu lesen, das tut mir selbst fast schon weh.
Einerseits hilft mir natürlich meine Therapie ungemein, aber ich finde es so im Rückblick auch passend, dass mich das Buch von Silke Heimes ein wenig begleitet hat. So habe ich bestimmte Gedanken weiter bearbeitet, reflektiert und auch neue Überlegungen in meinen Prozess einbringen können.

Ich schreibe mich gesund von Prof Dr med Silke Heimes-Kann mir das schreiben helfen

Wenn ihr euch mit eurer seelischen Gesundheit und eurem Stresslevel durchs Schreiben auseinandersetzen möchtet, dann kann ich euch Ich schreibe mich gesund durchaus empfehlen. Wenn ihr an einer psychischen Krankheit leidet (eventuell gerade sogar mitten in einer Episode steckt), dann versucht, euch professionelle Hilfe zu suchen und betrachtet das Buch als Begleitung. Es ersetzt keine professionelle Gesprächstherapie. Und teilweise über weniger positive Situationen oder Gefühle zu schreiben, das kann natürlich auch triggernd wirken. Da müsst ihr bitte direkt in euch hineinhorchen, wie viel euch gerade an Konfrontation gut tut. Oder besprecht das auch mit eurem*eurer Arzt*Ärztin, wenn ihr euch unsicher seid.


Habt ihr das bei euch auch schon beobachten können, dass das Schreiben euch gut tut? Dass ihr euch danach erleichtert fühlt?

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2 Kommentare

Daniela 22. Mai 2020 - 20:44

Erst einmal danke für diesen offenen Beitrag, ich fand ihn sehr interessant. Ich gehöre zwar nicht zu denen, die wirklich Geschichten schreiben oder täglich Tagebuch führen, und doch begleitet mich das Schreiben nun schon seit mehreren Jahren. Das von dir beschriebenen „aus dem Kopf“ schreiben kann ich nur bestätigen! Das mache ich oft und es hilft eigentlich immer!

Antwort
Ramona 3. Juli 2020 - 15:13

Liebe Daniela,

danke dir, für dein Feedback.
Es freut mich, dass du mit dem „aus dem Kopf schreiben“ auch schon so lange so gute Erfahrungen gemacht hast. 🙂

Liebe Grüße
Ramona

Antwort

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